Eine kleine Episode aus einem Inhouse-Seminar will ich erzählen. Meine Seminargruppe bestand geschlossen aus hoch spezialisierten Wissenschaftlern – vor allem Mediziner, Biologen und Chemiker. In der Runde war einer, der zur übertriebenen Präzision neigte.
Aus Gründen der Geheimhaltung lassen Sie mich ein Beispiel konstruieren: Stellen Sie sich vor, jemand spreche von Kochsalz. Dann würde der Kollege sofort korrigieren: »Natriumchlorid«, obwohl auch der populäre Begriff »Kochsalz« stimmt. Überspitzt gesagt, würde er die Information »Um halb eins machen wir Pause« korrigieren auf »um 12.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit machen wir Pause«.
Mit dieser Art ging er seinen Kollegen massiv auf den Zeiger. Er störte uns schlicht dabei, die komplexen wissenschaftlichen Aussagen des Unternehmens auf korrekte und zugleich verständliche Weise zu formulieren.
Mehrfach baten wir den Herrn Professor also, sich auf den Kern der Aussagen zu konzentrieren, um die es geht, statt andauernd Kreuzworträtsel zu veranstalten – doch er spaltete weiter Haare.
Irgendwann sagte ich ihm: »Wissen Sie eigentlich, wessen Zeit Sie hier verschwenden? Ihre ist es nicht. Sondern die Ihres Arbeitgebers. Wären Sie selbstständig, wären Sie längst pleite, weil Sie sich nicht aufs Wesentliche konzentrieren, sondern abseitige Spielchen spielen. Als Wissenschaftler in der Uni können Sie sich das vielleicht erlauben, im öffentlichen Dienst spielen ökonomische Kriterien ja kaum eine Rolle. Aber hier, in einem Wirtschaftsunternehmen, sollten Sie zielorientiert kommunizieren.« Das war fies, aber es hat gewirkt.
Im Anschluss habe ich mich natürlich gefragt, ob ich mit dieser Standpauke unhöflich war. Aber ich kam zu einem anderen Schluss. Ich habe mich an eine Hauptaufgabe guter Trainer erinnert: Wir sollen uns nicht beliebt machen, sondern unseren Auftraggebern etwas bringen.