„Jeder soll sich sein eigenes Bild machen.“ Das klingt erst mal gut, oder? Wäre da nicht ein kleines Problem: Wer sauber denkt, macht das sowieso. Der Spruch richtet sich nicht an diejenigen, deretwegen wir ein „Volk der Dichter und Denker“ sind. Er richtet sich an die, die bisher nicht kritisch denken und nicht mitbekommen, dass sie sich ihre Meinung anhand von Lügen bilden sollen. Die Zielgruppe sind Menschen, die gerne dem ersten Anschein folgen und wenig kritisch denken. In dieser Podcastfolge geht es um zwei Arten autodidaktischen Denkens: um den Typus „Goethe“ mit seiner Reflektiertheit und seiner Kompetenz, Informationen treffend einzuordnen – der intellektuelle Ansatz; und um den Typus „Hitler“ mit seiner Unfähigkeit diesbezüglich und mit seiner Eigenart, sich vom Anschein leiten zu lassen und das zu glauben, was sein Weltbild bestätigt – der völkische Ansatz, der das Intellektuelle verachtet. Insofern zielt der Spruch „Jeder soll sich sein eigenes Bild machen“ auf das vereinfachte Denken ohne Fachleute, es tritt die Errungenschaften der Dichter und Denker mit Füßen und wirkt völkisch-primitiv. So ist der Spruch ein Angriff auf das westlich-moderne Denken und auf die Aufklärung. Er ist nicht nur eine Frechheit gegenüber Kants Aufforderung, wir mögen uns unseres Verstandes bedienen, sondern zielt auch darauf ab, dass das Völkische in Deutschland wieder das Intellektuelle ersetzt – und damit die Diktatur die Demokratie.
Links zu dieser Folge:
Interview von Holger Klein mit Thilo Baum bei der „Wochendämmerung“
Das Potenzial der Verschwörungsgläubigen liegt laut Konrad-Adenauer-Stiftung bei etwa 40 Prozent
Mehr Podcast-Folgen mit Thilo Baum finden Sie hier.
Podcast: Play in new window | Download
Subscribe: RSS
Hinterlasse einen Kommentar