(Gekürzte und bearbeitete Version von Klartext-Podcast Nr. 279)
Meine erste Ausbildung zum Thema „Informationskompetenz“ ist erfolgreich über die Bühne gegangen. Wir waren 15 Leute in einer schönen Seminarlocation in Köln und rollen das Thema Informationskompetenz jetzt aus:
➔ als Multiplikatorenseminar im Rahmen einer Volkshochschule;
➔ als Angebot einer Gewerkschaft;
➔ als Schülersprecher/-innen-Seminar einer Stiftung;
➔ als Empowerment für schnelle Entscheidungen bei Blaulicht und Zivilschutz;
➔ als Schulung zur Resilienz von Unternehmen etwa für HR-Leute;
➔ als Ansatz zur Verringerung der persönlichen Unsicherheit und zur Steigerung der Ambiguitätstoleranz fürs Handeln in der VUCA-Welt;
➔ als Element mentaler Gesundheit;
➔ als Rhetorik-Schulung für den Umgang mit Gefährdeten und Radikalisierten im Alltag;
➔ als Basis-Wissen für Demokratiebewegungen.
Das Spannende an der Gruppe war zunächst einmal die diverse Zusammensetzung. Wir hatten jemanden von einer Schule da, wir hatten eine Volkshochschulleitung da, wir hatten eine politische Stiftung da, wir hatten Trainerinnen und Trainer da, die sich mit Resilienz im Unternehmen befassen. Wir hatten IT-Leute da, die sich mit Strategieberatung und mit der Sicherheit kritischer Infrastrukturen befassen.
Die erste Ausbildungsrunde zum Thema Informationskompetenz in Köln
Informationskompetenz wirkt gegen Verunsicherung
Seit Erscheinen meines Buches „Immun gegen Unsinn“ im vergangenen September trommele ich für das Thema Informationskompetenz. Und tatsächlich erkennen zunehmend Menschen die Bedeutung und die Relevanz des Themas. Informationskompetenz bedeutet nicht nur, dass wir uns nicht mehr von irgendwelchen Manipulationsversuchen für dumm verkaufen lassen, sondern Informationskompetenz ist auch ein Schlüssel für die Sicherheit, die wir in diesen Zeiten eines hybriden Krieges in Unternehmen brauchen.
Am Ende ist Informationskompetenz ein Resilienzschlüssel. Sie verhilft zur Ambiguitätstoleranz, also zu der Fähigkeit, Unklarheiten und Unwägbarkeiten zu ertragen. Damit wirkt sie gegen die steigende Verunsicherung.
Diese ist ein ganz großes Thema: Desinformation verunsichert. Viele Menschen wissen nicht mehr, woran sie sind. Ebenfalls sind viele Menschen sehr suggestibel, lassen sich also durch Andeutungen und suggestive Botschaften zwischen den Zeilen manipulieren und beirren. Ambiguitätstoleranz bedeutet, dass wir dem widerstehen. Dass wir eine Resilienz entwickeln für Versuche, uns zu verunsichern.
Und das vor dem Hintergrund auch natürlich der Desinformationswelle, die wir erleben. Wenn Sie Desinformation verstehen, dann wissen Sie, dass die Absender der Desinformation auf unsere Ambiguitätsintoleranz setzen, also auf unsere Neigung, uns vom Anschein leiten zu lassen, das Nächstmögliche zu glauben, das zu glauben, was uns einleuchtet, was uns plausibel erscheint – nachdem wir einige Jahre der Radikalisierung im Internet zugebracht haben und unsere Weltbilder immer wieder bestätigt finden.
Ambiguität bedeutet, dass wir nicht wissen, woran wir sind. Und das ist kein Zustand, den Menschen mögen. Gleichzeitig können wir mit diesem Zustand umgehen. Wenn wir wissen, dass die Absender der Desinformation, die diese Gesellschaft zerstören wollen, darauf setzen, dass wir uns wie vom Aberglauben leiten lassen, dann sind wir schon mal ein bisschen stärker immunisiert gegen diese Manipulationsversuche durch Demagogie.
Neben dem Buch und dem Handout erhalten alle Teilnehmer/-innen ein eigenes Arbeitsheft mit zahlreichen Übungen
Informationskompetenz heißt, zu wissen, woran wir sind
Informationskompetenz bedeutet ja unter anderem, dass wir uns genau überlegen, welcher Informationen wir glauben oder nicht. Wobei es oft nicht ums Glauben geht. Also zum Beispiel geht es nicht darum, dass wir der Wissenschaft glauben oder dass wir der Wissenschaft Schafft Vertrauen, sondern dass wir wissen, dass ein bestimmtes Konzept von Wissenschaft zwangsläufig zu Erkenntnissen führt. Natürlich fehlerbehaftet, aber im bestmöglichen Ausmaß, also auch in der bestmöglichen Qualität, niemals perfekt.
Aber wer versteht, wie das wissenschaftliche Denken infolge der Aufklärung zustande gekommen ist, der „glaubt“ nicht an Wissenschaft. Es geht da nicht mehr um eine Glaubensfrage, sondern wer Informationskompetenz hat, der weiß, wie diese Erkenntnisprozesse funktionieren und kann sich darauf verlassen. Und deswegen können wir uns auch immunisieren gegen Versuche von irgendwelchen Demagogen, uns unsere Gewissheiten auszureden. Diese Sicherheit gewinnen wir durch Informationskompetenz.
Informationskompetenz bewirkt Resilienz von Unternehmen
Im Augenblick reden viele Unternehmen über Resilienz. Unternehmen haben unfassbar viele Prozesse laufen, die einfach nur damit zu tun haben, dass das Unternehmen in Gefahr ist. Also wir sichern es ab nach außen, wir bauen Firewalls.
Bei diesen Versuchen übersehen wir gerne den Faktor Mensch. Was bringt Ihnen eine Firewall, wenn sie ein Systemgegner programmiert hat, der „die Eliten“ hasst und damit auch seinen Arbeitgeber? Es klingt drastisch, aber die Fälle sind real. Die vielen technischen und organisatorischen Maßnahmen, die wir im Zuge irgendwelcher Sicherheitsgeschichten verfolgen, bringen nichts, wenn wir an Bord radikalisierte Leute haben.
Diese radikalisierten Leute aufzufangen, das funktioniert zumindest zum Teil. Gefährdete kann man auffangen – zum Beispiel Azubis, die sich ihre Meinungen bei TikTok bilden und die zukünftigen Geheimnisträger und Entscheider darstellen. Diese Menschen können wir auffangen, in denen wir ihnen sehr früh zeigen, wie Erkenntnisgewinn funktioniert und wie Desinformation funktioniert.
Wenn wir jungen Leuten zum Beispiel sagen, dass bestimmte Facebook-Seiten mit ganz harmlosen Narrativen die Einstiegsdroge sind, die wir dann gerne liken, weil es auch nichts Volksverhetzendes ist, sondern einfach nur das Narrativ: „Oh, ist das ein schönes Bild mit schönen bunten Autos“. Dann liken wir das. So spielt der Algorithmus mehr an uns aus – und die Informationen, die wir erhalten, werden härter und härter und härter. Der Algorithmus unseres Profils verändert sich und spielt uns zunehmend radikalere Inhalte aus. Wir verschwinden langsam in diesem Strudel. Wenn wir das Azubis beibringen, dann verstehen die das Konzept und sind eher immun gegen diese Radikalisierung. Und selbst wenn jemand schon radikalisiert ist, dann lässt er sich durch ganz einfache Inhalte aus diesem Kurs, den wir am Wochenende durchgearbeitet haben, möglicherweise zum Umdenken bewegen.
Und das Charmante daran ist, dass er das völlig für sich tut. Es gibt kein Fingerpointing, es gibt kein Outing.
Eine ganz große Dimension vor allem für HR-Leute ist eine Schulung zur Resilienz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es genügt aber auch, sich das Wissen anzueignen, um es dann dezent im Unternehmen auszurollen. Das muss nicht mal ein Workshop sein.
Zur Ausbildung gehört ein Überblick über die wichtigste Literatur – von Grundlagen der Demokratie über Methoden der Desinformation
Informationskompetenz ist Krisenkompetenz
Ebenfalls ergeben hat sich das Thema Informationsbewertungskompetenz für Blaulicht und Zivilschutz. Mit „Blaulicht“ gemeint sind Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienste und Zivilschutz. Sie wissen, dass der Zivilschutz in Deutschland wieder gestärkt wird, weil wir uns in einer sehr kritischen internationalen Situation befinden. Da geht es darum, Informationen schnell bewerten zu können, so wie Sie in einer Feuerwehrleitstelle sehr schnell einordnen müssen, ob eine bestimmte Information durch einen bestimmten Anrufer ernst zu nehmen ist, wie mit ihr umzugehen ist.
In diesem Kontext ist natürlich auch die Quellenbewertung wichtig. Welche Quelle ist überhaupt ernst zu nehmen? Nehmen wir eine Information etwa ernst, weil sie aus einer bestimmten Quelle kommt? Oder nehmen wir sie möglicherweise nicht ernst, weil sie aus einer bestimmten Quelle kommt?
Informationskompetenz ist übersichtlich und erlernbar
Und damit bin ich ganz kurz beim Überblick. Am 5. und 6. April wird es die nächste Ausbildungsrunde geben. Jetzt fragen Sie sich vielleicht, wie sich diese Inhalte in zwei Tagen vermitteln lassen, doch es ist ganz einfach:
➔ Am ersten Tag machen wir Theorie. Am Samstag gehen wir die Präsentation durch, mit der Sie später Informationskompetenz vermitteln können, zum Beispiel an Azubis oder auch in Ihrem Unternehmen in einem anderen Zusammenhang. Oder für Ihre Freundinnen und Freunde vom Demokratiestammtisch. Das heißt, Sie kriegen am ersten Tag einen Blumenstrauß an Informationen. So gegen Abend überlegen Sie: Was wollen Sie vertiefen?
➔ Am zweiten Tag üben wir. Sie zeigen uns einen kleinen Teil und vermitteln einige Inhalte an die Gruppe. Und da kriegen Sie dann auch ein qualifiziertes Feedback.
➔ Dann vertiefen Sie Ihr Thema für sich und bekommen – je nach Seminarpaket – regelmäßig Support durch mich in Q&A-Sessions.
Am Ende des zweiten Tages machen alle Teilnehmer/-innen einen Wissenstest
Um diese sieben Kapitel geht es:
➔ Demokratie und Desinformation. Wie destabilisiert Desinformation eine Gesellschaft? Wie funktioniert Radikalisierung? Wie bringen wir andere dazu, sich selbst einzuschätzen? Das ist die Grundlage und das ist auch gleichzeitig ein ganz wichtiges Element, beispielsweise für die Schule.
➔ Kritisches Denken. Woher wissen wir, dass wir wissen, was wir wissen? Wie lassen sich wissenschaftliche Methoden an Laien vermitteln? Das ist gar nicht so kompliziert. Es sind fünf, sechs Punkte, die muss man einfach mal gehört haben, und dann können Sie das im Grunde auch anwenden.
➔ Information und Meinung. Warum können sich Lügner eben nicht auf die Meinungsfreiheit berufen? Da geht es ums Medienrecht.
➔ Qualifizierte Äußerungen. Warum müssen wir nicht alles ernst nehmen, was wir hören? Wie unterscheiden wir es, ob wir es mit einer qualifizierten oder unqualifizierten Äußerungen zu tun haben?
➔ Manipulation, Populismus, Desinformation. Wie funktioniert Desinformation konkret? Wie gehen wir mit bestimmten Sprachbildern um, die radikalisierende Narrative transportieren? Wie deuten wir sie?
➔ Medien, soziale Medien, „alternative Medien“. Woran erkennen wir glaubwürdige Quellen und Desinformationskanäle?
➔ Resilienz und Abwehr. Wie schützen wir uns und andere vor Radikalisierung durch Desinformation?
Diese sieben Blöcke arbeiten wir am ersten Tag durch. Das geht schon ausreichend in die Tiefe, dass Sie was damit anfangen können. Da besprechen wir beispielsweise Rudolf Bartels, den Autor des „Lehrbuches der Demagogik“, oder Steve Bannon, den Ex-Berater Donald Trumps, oder die „Schweigespirale“, ein Konzept der öffentlichen Meinungsbildung, das bei der Radikalisierung eine große Rolle spielt. Und Sie legen mit einem dieser Themen los. Sie bekommen ein qualifiziertes Feedback und erhalten weitere Übungsmöglichkeiten und Feedbacks in den Q&A-Sessions. Die Übersicht über die Inhalte im Präsenzformat liefert schon mal zahlreiche Beispiele und Übungen zum Grundverständnis, so dass sie das Konzept verstehen. Nach diesem Wochenende werden Sie selbst Informationskompetenz haben und auch Teile daraus vermitteln können. Und dann gehen wir online in die Tiefe.
Ein Grund fürs Präsenzformat ist auch, dass wir einander kennenlernen und uns im Nachgang uns in unserer Community austauschen.
Wenn Sie sich für das Konzept interessieren, dann kommen Sie am Freitag (31. Januar 2025) in mein Info-Webinar. Auch danach wird es weitere Info-Webinare geben – bitte informieren Sie sich auf meinem LinkedIn-Kanal.
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