Wer gegen das „System“ ist, ist nicht gegen eine Regierung. Er ist gegen die Demokratie. Und wer die Demokratie zerstören will, verbreitet Lügen über ihre Institutionen.
Eine Lüge lautet: Impfstoffe haben schädliche Spätfolgen. Wer das glaubt, dessen Vertrauen in WHO, RKI & Co. ist erschüttert.
Doch Impfstoffe sind keine Medikamente. Klaus Cichutek vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) erklärt, „warum es keine Langzeitfolgen von Impfungen gibt“. Die Impfstoffexpertin Petra Falb erklärt: „Ein Impfstoff hat keine Pharmakokinetik, da hier nichts verstoffwechselt wird.“
Das PEI gehört zu den Institutionen, denen die Propaganda schaden will. Darum wenden „System“-Feinde jetzt ein, das PEI sage als Teil der Verschwörung natürlich die Unwahrheit.
Logikfehler Zirkelschluss
Unbedarften Menschen fällt der Denkfehler nicht auf: Opfer der Demagogie können die Logik – und das ist gewollt – nicht widerlegen. Die Demagogen arbeiten mit Behauptungen, die sich in ihrem Setting nicht prüfen lassen. Außerhalb würde es gelingen: Das PEI stellt die Sache klar. Aber das zählt nicht, weil das PEI ja lügt.
Es ist im Grunde ein Zirkelschluss: Die falsche Behauptung, das PEI sei – wie alle anderen offiziellen Institutionen – keine glaubwürdige Quelle, verhindert ihre eigene Falsifikation. Beim Zirkelschluss ist das Ergebnis unserer Überlegungen bereits in der Prämisse enthalten – das Urteil liegt schon vor dem Verfahren fest.
Das ist die mentale Falle, in der viele „Querdenker“ sitzen. So gut wie alle Ergebnisse ihres „Denkens“ unterliegen dem Bestätigungsfehler („confirmation bias“). Daher kann von „Denken“ kaum die Rede sein.
Also: Ein Mensch stirbt ohne erkennbaren Grund, beispielsweise eine junge Fußballerin in Australien. Was geschieht?
➔ Die „Daily Mail“ (klassische Presse) schreibt: „Über die Todesursache wurde nichts öffentlich bekannt.“ Das trifft zu und ist insofern seriös.
➔ „Report 24“ (»alternatives Medium«) deutet an: „Australien war eines der strengsten Testgebiete für die Covid-19 mRNA-Impfungen.“ Da wir die Todesursache nicht kennen, ist das Geraune und damit unseriös.
Defizite in Statistik und Informationskompetenz
Weil die meisten Menschen gegen Covid geimpft sind (in Deutschland etwa 80 Prozent), sterben auch mehr Geimpfte. Ungeimpfte Tote sind nur seltener. Zudem sagen einzelne Fälle in Regionen mit Millionen Geimpften wenig aus. An Covid sterben außerdem eher Ungeimpfte.
Neben ihren Defiziten in Statistik wissen viele Propagandaopfer nicht, wie sie qualifizierte und unqualifizierte Äußerungen unterscheiden. Sie teilen derlei Andeutungen und betreiben Desinformation, ohne es zu merken.
Da Todesursachen privat sind, werden wir vielleicht nie erfahren, woran die junge Frau gestorben ist. Das nutzen die Demagogen: Ihre Opfer halten eher eine unbelegte Horrornachricht für real, als sich ihre Ungewissheit einzugestehen. Zur Destabilisierung der Gesellschaft trägt dieser Mangel an Informationskompetenz entscheidend bei.
Ihre Logik hält Propagandaopfer zudem in ihrem Sumpf. Sie trauen den Ästen nicht, die ihnen der „Mainstream“ reicht: Infolge ihrer Indoktrination glauben sie, der „Mainstream“ lüge. De facto gehen sie Lügnern auf den Leim, die im Unterschied zum „Mainstream“ wirklich gefährlich sind.
Die Betroffenen sind von der Außenwelt und vom vernünftigen Denken abgeschottet wie Sektenopfer. Sie glauben an unbewiesene Überzeugungen, die ihnen das Verstehen verbieten. Sie haben sich selbst eingeschlossen und den Schlüssel aus dem Fenster geworfen.
Leichtgläubige Propagandaopfer
Und das alles kommt nicht von ungefähr. „In erster Linie ist die Masse beschränkt und dumm“, schreibt Rudolf Bartels 1905 in seinem „Lehrbuch der Demagogik“. „Sie ist nicht imstande, klar zu denken, Zusammenhang von Grund und Folge selbständig zu erkennen, Schlüsse richtig zu machen, Widersprüche zu bemerken.“ (Seite 12)
Und damit arbeitet Demagogie heute:
➔ Zu einem Foto von Helmut Schmidt heißt es holprig: „Die älteren Menschen erinnern sich noch gut an die Kubakrise.“ Eine Finte, damit der Westen die Ukraine nicht mehr unterstützt. Doch was hat Helmut Schmidt mit der Kubakrise zu tun? Er war 1962 Innensenator in Hamburg und hat die Sturmflut gemanagt.
➔ Oder jemand postet Fotos von Kondensstreifen und raunt, wie schlimm das doch sei. Die Andeutung zielt auf „Chemtrails“ – die Nonsens-Legende soll das Vertrauen unsicherer Menschen ins öffentliche Leben zerstören.
➔ Oder es heißt, Olena Selenska habe sich einen Bugatti gekauft. Die naive Zielgruppe folgt Gerüchten und böswilligem Hörensagen.
Demagogie nach Lehrbuch
Es ist egal, ob eine Minderheit kluger Menschen den Schmu durchschaut. Hauptsache, die „Masse“ in Bartels’ Sinne glaubt der Demagogie. Bartels schreibt:
➔ „Die Stellung der Demagogie zur Wahrheit ergibt sich aus dem Zweck, der für sie allein maßgebend ist, die Masse zu überzeugen und zu beherrschen. Was diesen Zweck fördert, ist für sie brauchbar, was ihn nicht fördert oder ihm widerstrebt, ist nicht brauchbar. (…) Gerade die Wahrheit ist vielfach demagogisch nicht brauchbar.“ (Seite 17 f.)
➔ „Darum ist es demagogisch wertvoll, sich auf die Wissenschaft zu berufen und der Ausdrucksweise gelegentlich einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben, der Masse zu versichern, was sie zu hören oder zu lesen bekomme, ruhe auf dem Boden der Wissenschaft.“ (Seite 37 f.)
➔ „Um Autorität zu untergraben und dagegen aufzuhetzen, ist bei der Masse anzuwenden das Tadeln, Schimpfen, Höhnen, Spotten, Beschimpfen, Verleumden, alles mit Verwendung der (…) Kunstgriffe des Übertreibens, Verallgemeinerns, Entstellens, Lügens.“ (Seite 69 f.)
➔ Es gehe darum, „die Masse gegen alles, was ihr äußerlich als Autorität entgegentritt, mit Misstrauen und Hass zu erfüllen, sie in beständig empfundene und immer tiefer gehende Verbitterung zu versetzen und zu leidenschaftlicher Kampfstimmung zu hetzen“.
Dabei gilt das Prinzip „Flood the zone with shit“ des früheren Trump-Beraters Steve Bannon:
➔ Lügen sind schnell formuliert und gehen rasch viral, weil sie die Zielgruppe empören.
➔ Richtigstellungen brauchen Zeit. Sie gehen nicht viral, weil sie nüchtern sind.
Hier zerstört jemand unsere kulturelle Identität als aufgeklärte westliche Nation. Dagegen sollten wir vorgehen.
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