Aus Anlass der US-Wahl hier ein Ausschnitt aus dem neuen Buch von Kollege Frank Eckert und mir:
Am Vormittag unserer Zeit am 9. November 2016 war klar, dass Trump den Kampf gegen Hillary Clinton gewonnen hatte. Was macht »tagesschau.de«? Bringt einen Kommentar von Martin Ganslmeier, in dem dieser selbstkritisch über die Journalisten schreibt: »Wir haben ganz offensichtlich die wahre Stimmungslage im Land bis zuletzt nicht richtig eingeschätzt.«
Mei, würden wir sagen, wenn wir Bayern wären. Es war eine Wahl! Da gehen Menschen hin, die individuell ihre Stimme abgeben. Da ist vorher gar nichts klar, deshalb wird ja gewählt. Das Ergebnis bestimmt allein der Wähler – nicht die Medien mit ihren Versuchen der Stimmungsbeeinflussung und auch keine Umfragen.
Im Vorspann hieß es, die »Experten, Journalisten und die US-Demokraten« hätten »die Sorgen vieler US-Bürger nicht ernst genug genommen«. Wieder sagen wir: Mei! Das geht ja nun seit Jahren so. Wie soll man die Sorgen der Menschen auch ernstnehmen, wenn man dafür gleich den Vorwurf kassiert, man sei Populist?
Ganslmeier spricht hier einen heiklen Punkt an. Was würde er der Bundesregierung denn empfehlen? AfD-Positionen zu übernehmen? Er verrät es uns leider nicht. Und warum nennt Ganslmeier Trump einen »rechtspopulistischen Außenseiter«? Ein Außenseiter gewinnt sicher keine US-Wahl. Was versteht Ganslmeier unter Außenseitern? Leute, deren Positionen ihm nicht gefallen?
Nein – hier machen Journalisten ganz klar Politik, statt zu berichten. Dieser Mangel an Sachlichkeit nach der US-Wahl 2016 offenbart schon wieder einen solchen Mangel an Respekt gegenüber dem Wähler, dass sich ganz sicher sehr viele weitere Menschen von den etablierten Parteien und Medien abwenden.
Vielleicht ist das ja interessant im Zusammenhang mit dem merkwürdigen Text von Sascha Lobo auf Spiegel Online, in dem er naiv fragt:
Und wir – ich auch – müssen unsere Fehler erkennen. Dringend. Wir, die publizistisch und aktivistisch gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus gekämpft haben, hier in Europa. Wir müssen unsere Fehler in den kommenden Wochen, Monaten, Jahren analysieren und daraus Konsequenzen ziehen. Wo haben wir gehofft, statt zu erkennen? Wo haben wir ignoriert, statt hinzusehen? Wo haben wir geschwiegen und geduldet, statt zu sprechen und zu handeln? Wo lagen wir schlicht und ergreifend falsch?
»Dringend« soll das sein, und dann redet er von den kommenden Jahren? Aber hallo! Wenn Leute wie Lobo nicht allmählich mal den Schuss hören und noch länger brauchen, um diese Fragen zu beantworten, wird es rasch sehr düster. Wie lange wollen Leute wie Lobo denn noch brauchen, um ihre Fehler zu erkennen?
Ganz im Ernst: Können oder wollen es unsere Journalisten nicht begreifen? Wenn sie jemanden kontinuierlich niederschreiben, schmähen, schlechtmachen – auch wenn er kein Unschuldslamm ist –, dann reagiert die Öffentlichkeit nicht im Sinne der Schmäher. Sondern man fühlt sich manipuliert und übt Solidarität mit dem Geschmähten – selbst dann, wenn er ein ganz Übler ist. Die Medien selbst hält man nebenbei für antidemokratisch und gefärbt.
Insofern ist die Presse mit ihrem momentanen Verhalten der beste Steigbügelhalter für die Rechten. Offenbar ohne es zu merken.
Immerhin gibt Lobo selbst zu, dass er nicht journalistisch arbeitet, sondern seine publizistische Macht für politischen Kampf missbraucht. Das steht so in seinem Text. Er schreibt sogar, er sei Aktivist.
Was haben Aktivisten im Journalismus verloren? Nichts! Sie sind in Marketing- und Propagandaabteilungen sowie bei Parteizeitungen gut untergebracht. Im Journalismus ist zunächst einmal Handwerk gefragt – und das bedeutet darzulegen, was ist. Und es dann, als Kommentar gekennzeichnet, zu kommentieren.
So viel erst mal, um Ihre dringlichste Frage zu beantworten, Herr Lobo. Mehr folgt. Warum erklärt sich das Ganze Ihnen eigentlich nicht von selbst? Den Grips dazu haben Sie doch. Oder sind Sie Ideologe?
Das neue Buch können Sie im Shop schon bestellen, bitte per Desktop.
Hinterlasse einen Kommentar