Begegnen Ihnen in letzter Zeit auch so viele merkwürdige Spruchbilder und Cartoons in den „sozialen Medien“, die mit oft unbeholfenem Humor und unbeholfener Sprache gegen den Westen wettern? Die das Narrativ verbreiten, die Demokratie sei verfault, westliche Institutionen korrupt und das Abendland kurz vor dem Untergang?

Wenn ja, dann erleben Sie Putins Angriff auf die Moderne. Er will den Westen vernichten und macht das als geübter KGB-Offizier auf eine Art, die wir im Westen erst jetzt so langsam durchschauen: Durch zahlreiche freiwillige Handlanger schürt er ein Klima, in dem die Menschen allen westlichen Institutionen misstrauen.

Die Logik der Vernichtung des Westens

Bei üblichen Verschwörungsmythen sind die Bösen der Westen, die USA, die Juden, die etablierte Wissenschaft, die Medien – aber niemals Russland unter Putin. Und hier haben wir es mit einer realen Verschwörung gegen den Westen zu tun, die den Westen mit anti-westlichen Verschwörungsmythen und Fake News überschwemmt. Die Verschwörung sitzt im Kreml und ist allmählich gut dokumentiert.

Bevor Sie aufhören zu lesen, weil Sie denken, ich spinne: Ich lege den Zusammenhang hier dar und führe dabei möglichst viele Quellen und Literatur an, damit Sie das Ganze nachvollziehen können. Darum arbeite ich mit Pfeilen und kürzeren Absätzen, jeweils mit gedanklichen Schritten. Dabei finden Sie jede Menge Links mit Belegen. Sehen Sie mir bitte das oft Stichwortartige nach – lange Fließtexte funktionieren hier nicht so gut. Lassen Sie sich einfach darauf ein, die Reihenfolge erweist sich rasch als logisch.

1. Die Rolle von Wahrheit und Lüge in Demokratie und Diktatur

Westliche Demokratien leben infolge der Aufklärung vom Wahrheitsgedanken. Nicht mehr Gerüchte und geheime Zeichen gelten wie im Mittelalter, sondern seit der Aufklärung herrscht (zumindest sollte es so sein) die Vernunft. Wissenschaft, Medien, Behörden, Gerichte suchen tagtäglich nach der Wahrheit. Oft fehlerhaft, sicher – aber vom Prinzip her geht es darum, Erkenntnisse zu sichern.

Die Frage, inwieweit Wahrheit relativ oder subjektiv ist, spielt dabei nur eine denktheoretische philosophische Rolle. Die aufgeklärte Welt geht von einer objektiven Wirklichkeit aus, die wir subjektiv wahrnehmen. Der Begriff „Wahrheit“ bezeichnet zutreffende Äußerungen über die Wirklichkeit. Es geht hier nicht um Überzeugungen, die jemand für „seine Wahrheit“ hält.

Wichtig ist die Betrachtung der „Wahrheit“, weil wir uns ohne verlässliche Informationen als politische Wesen keine sinnvolle Meinung bilden können. Daher steht die Unwahrheit übrigens auch nicht unter dem Schutz der Meinungsfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht stellt klar: „Was […] nicht zur verfassungsmäßig vorausgesetzten Meinungsbildung beitragen kann, ist nicht geschützt, insbesondere die erwiesen oder bewußt unwahre Tatsachenbehauptung.“ (1 BvR 1376/79)

Auch das Gegenstück zur Wahrheit spielt eine Rolle: Die Lüge ist ein Kernelement des „Faschismus“. Darauf weist beispielsweise Jason Stanley in seinem Buch „Wie Faschismus funktioniert“ hin (Westend 2024) – oder auch im „Spiegel“ Nr. 34 vom 17. August 2024 auf Seite 11.

Wir können also festhalten: Eine Demokratie bedarf der Wahrheit. Dürfen wir die Wahrheit nicht mehr sagen, endet die Demokratie. Wissen wir nicht mehr, was wahr ist und was falsch, sind wir keine mündigen Bürger und auch kein Volk der Dichter und Denker mehr, sondern unwissend und orientierungslos. Völkisch können wir dann noch sein – etwa indem wir laienhaft glauben, wir bräuchten keine Fachleute mehr, um die Welt zu verstehen.

2. Putins geistesgeschichtliche Prägung

Der frühere Dresdner KGB-Offizier Wladimir Putin bezeichnete das Ende der Sowjetunion schon 2005 als „größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“. Um den früheren Einfluss Russlands wiederherzustellen, terrorisiert er seit Jahrzehnten zahlreiche Länder, wie sich aus dieser Excel-Tabelle hier ergibt, die im Juni 2022 Redaktionsschluss hatte. Wie Putin vorgeht, beschreibt auch sehr gut John Sweeney in seinem Buch „Der Killer im Kreml“ (Heyne 2022).

Die freie Welt würde sich freuen, wenn Russland einfach nur friedlich Werte schaffen würde. Doch leider bringt Putin nicht etwa durch Wertschöpfung und konstruktives Miteinander sein Land voran, sondern er ist von einem kruden völkischen Mythos besessen und erscheint daher wie aus der Zeit gefallen. Seinem Handeln liegen keine westlichen Werte wie Freiheit, Selbstbestimmung oder auch nur Wohlstand zugrunde, sondern Nationalismus und Stolz. Aktuell scheinen seine Hauptmotive die gekränkte Ehre und ein eklatanter Mangel an Selbstwert zu sein („Napoleon-Komplex“).

Darüber hinaus folgt Putin der kruden Vorstellung, ein mächtiges Land habe massenhaft Einwohner. Sonja Margolina beschreibt den Zusammenhang in der „NZZ“ sehr gut. Das Tragische für Russland ist dabei: So ziemlich alles, was Putin tut, schwächt Russland und behindert dessen Bevölkerungswachstum. Putin ist insofern ein eher mittelmäßiger Stratege. Die Ressource Mensch soll in Putins Vorstellung einerseits einen hohen Wert haben, andererseits verheizt er Hunderttausende von Männern in einem völlig sinnbefreiten Krieg. Zugleich erklärt der Ansatz die massenhaften Verschleppungen ukrainischer Kinder nach Russland, um sie dort zur Adoption freizugeben.

Zugleich lebt Putin in einer enormen Zerrissenheit. Er wäre gerne unabhängig von den technischen Errungenschaften des aufgeklärten westlichen Denkens, aber er braucht es. Andersherum brauchen die westlichen Industrienationen Russland nicht. Das liegt unter anderem an der sowjetischen Sozialisierung, in der das Privateigentum beim Staat lag und in deren Folge nie wirklich eine Kultur der Kreativität und Wertschöpfung Einzug gehalten hat. Wohlstand bedarf der Freiheit des Denkens, und die ist in Russland unter Putin nicht gegeben. Putin denkt zudem nach wie vor sowjetisch in großen, zentral gesteuerten Strukturen und nicht in kleinen, differenzierten Zellen der Wertschöpfung wie etwa beim deutschen Mittelstand. Den Zusammenhang zwischen Strukturen und Freiheit einerseits und Erfolg andererseits scheint Putin allerdings nicht zu erfassen.

Und so hasst Putin den Westen, obwohl (oder weil) er auf seine Bauteile angewiesen ist. Offenbar scheint Putin zu glauben, dass der Westen ebenso in Eroberungen, Ruhm und Ehre denkt wie er, während er zugleich nicht erkennt, dass diese Werte aus westlicher Perspektive lächerlich erscheinen, weil rückständig, destruktiv und nicht lösungsorientiert. Putin fürchtet, sein Gesicht zu verlieren, obwohl er es in den Augen der westlich-aufgeklärten Welt längst verloren hat.

Umso mehr kapselt Putin sich mental ab. Geistiger Vater von Putins Weltbild ist u.a. der russische Philosoph Iwan Iljin (1883–1954), der laut dem Autor Michel Eltchaninoff „zur Konstruktion einer neuen ‚russischen Idee‘ aufruft“ („In Putins Kopf. Logik und Willkür eines Autokraten“, Cotta’sche Buchhandlung 2022). Hier zeigt sich sehr gut der völkische Nationalismus.

Auch die Nähe zu Patriarch Kyrill I. zeigt Putins Hang zum Mystizismus. Es geht hier nicht nur um Ostereier oder darum, dass Putin eben religiös ist – nein: Kyrill spricht über die „Spezialoperation“ in der Ukraine als „metaphysischen Kampf“, um „sich auf der Seite des Lichts zu positionieren, auf Seiten der Wahrheit Gottes“. Gott soll hier als Feigenblatt für Putins Morde herhalten.

Und dann schwebt ja noch immer noch das Bekenntnis von Dmitri Medwedew vom April 2022 über Europa, der Zusammenbruch der Ukraine sei ein erster Schritt zu einem „offenen Eurasien von Lissabon bis Wladiwostok“. Also ein „Frieden“ in ganz Europa, wie er Putin als „russische Welt“ („russki mir“) vorschwebt: Friedhofsruhe unter einem mörderischen Gewaltregime.

➔ Schließlich dürfte Putins Hang zur Mystik auch seine Entscheidungen beeinflussen: Zumindest Gerüchten zufolge hört er auf den Rat von Schamanen, was die Weltlage auch nicht unbedingt sicherer macht.

3. Putins Strategie zur Unterwerfung des Westens

Nun weiß auch Putin: Ein guter Krieger bricht den Widerstand des Feindes ohne Kampf. Das ist ein allseits bekannter kluger Gedanke des Kriegsphilosophen Sun Tsu („Die Kunst des Krieges“; diverse Ausgaben). Auch deswegen hat Putin nicht gleich die Ukraine überfallen, sondern sie erst mit seinen „grünen Männchen“ infiltriert – Soldaten ohne Hoheitsabzeichen. Und er hat Militär gespart, indem er die Ostukraine massiv durch Desinformation destabilisiert hat und Legenden etabliert hat, der ukrainische Präsident führe einen Bürgerkrieg gegen sein Volk und es gebe in der Ostukraine geheime US-Biowaffenlabore.

➔ Kämpfen, ohne zu kämpfen, ist eine Kernkompetenz von Geheimdiensten, und Geheimdienstler ist Putin ja. Nichts liegt also näher, als auch die westlichen Demokratien von innen heraus aufzuweichen – durch Lügen wie etwa jene über die aggressive NATO. Wozu gegen einen starken Gegner kämpfen, wenn er sich durch Desinformation so schwächen lässt, dass irgendwann eine pro-russische Partei das Ruder übernimmt, aus der NATO austritt und das Land nicht mehr verteidigt?

Diese Infiltration des Westens gelingt Putin durch eine Art der Propaganda, wie sie in dem „Lehrbuch der Demagogik“ von Rudolf Bartels (Julius Springer 1905) beschrieben ist. Ob Putin das Buch kennt, ist unklar, aber zu vermuten. Es ist 2013 bei Springer Nature als Faksimile-Ausgabe erschienen, war aber natürlich auch vorher schon öffentlich.

➔ Und jetzt geht es darum, das Prinzip der diktatorischen Lüge und der geheimdienstlichen Desinformation mit dem kruden Mystizismus Iljins und Kyrills zusammenzuführen – und wir verstehen, warum die derzeitige Desinformationswelle so aussieht, wie sie aussieht. Auch die vielen esoterischen und völkischen Bezüge erschließen sich.

4. Putins Desinformation als Taktik

Die russische Propaganda füttert uns in extremem Umfang konzertiert mit anti-westlichem und pro-russischem Blödsinn, an den wir glauben sollen – geführt von Putins Troll-Armee und sehr gut dokumentiert von Jessikka Aro („Putins Armee der Trolle“, Goldmann 2022). Auch die hervorragende Fake-Liste von AFP sei verlinkt.

Entsprechend startet Putin einen hinterhältigen und verlogenen „Angriff auf Deutschland“ (Econ 2024; erscheint in Kürze und liegt mir hier schon vor: Arndt Freytag von Loringhoven und Leon Erlenhorst), der Putins destruktiven Charakter offenbart: Wie im Sinne des Stasi-Konzeptes der „operativen Psychologie“ arbeitet er massiv mit Verwirrungstaktiken.

Diese Verwirrung soll erstens das Volk der Dichter und Denker verblöden und völkisch machen und zweitens einen Nihilismus befördern, an dessen Ende wir an gar nichts mehr glauben, weder an die Lüge noch an die Wahrheit. Hannah Arendt hat das Phänomen im Nationalsozialismus beobachtet und gut beschrieben. Am Ende sagen Propaganda-Opfer: „Wir wissen doch gar nicht, ob das stimmt, was die westliche Wissenschaft als Stand des Wissens behauptet.“ Genau das erleben wir derzeit bei den vielen Wahrheitsrelativisten, die durch die Relativierung oder Leugnung der Wahrheit der Lüge und damit der Diktatur Vorschub leisten.

➔ Eine schwedische Studie hält dazu fest: Wer die Wahrheit relativiert, ist auch leichter empfänglich für Verschwörungstheorien („bullshit receptivity“).

Und das ist die Auflösung des westlichen Denkens und damit der Demokratie. Es ist ein Angriff auf die Moderne und die Aufklärung mit dem Ziel, dass wir zurückfallen in eine Welt des Aberglaubens und des Okkultismus. Nicht durch Zufall verbreiten zahlreiche Fake-News-Medien esoterische Konzepte und verdienen ihr Geld auch mit esoterischen Devotionalien und Requisiten.

Und so liefern Putins Trolle und zahlreiche willige Helfer in Deutschland Falschinformationen und Verzerrungen aller Art: Die westliche Wissenschaft sei per se korrupt, die Demokratie eine Diktatur, die Meinungsfreiheit längst abgeschafft, und zahllose Bürger aus NATO-Staaten wollten unbedingt nach Russland auswandern.

Dabei bekommen alle genau den Cocktail an Blödsinn serviert, den sie gerade noch ertragen: Einfältige Menschen werden durch »Chemtrails« verunsichert, vergeistigte Theoretiker mit Wahrheitsrelativismus belämmert. Das Prinzip lautet: „Das NASA-Foto vom Mars war natürlich eine Fälschung, aber dass die Erde hohl sein soll, führt nun wirklich zu weit.“

Dazu kommt das Konzept des früheren Trump-Beraters Steve Bannon: „Flood the zone with shit“. Lügen sind schnell gesponnen und gehen viral; Faktenchecks brauchen Zeit und gehen nicht viral. Und wenn ein paar wenige Intellektuelle das Prinzip durchschauen, ist das völlig egal: Die Wahrheit spielt bei der Demagogie keine Rolle, schreibt schon Bartels. Es geht nicht darum, was wahr ist, sondern darum, was die Leute glauben.

Links die Rheinische Post mit der korrekten PR-Masche Putins, Russland für angeblich massenhaft unzufriedene Ausländer zu öffnen. Rechts die Instrumentalisierung als Desinformation mit zahlreichen Gestaltungsfehlern, die die medienunerfahrene Zielgruppe aber nicht stören.

5. Die Parallelen zwischen Putin und Hitler

Bei der Durchsetzung politischer Interessen scheint sich Putin an Hitler zu orientieren – vor allem bei den Prinzipien Lüge, Täuschung, Wirklichkeitsleugnung und die Schuldumkehr durch False-flag-Aktionen. Mit dem Überfall auf den Sender Gleiwitz hatten die Nazis die Legende erschaffen, sich am 1. September 1939 nur zu „wehren“ – es war der Vorwand für Hitlers Angriff auf Polen. Putin verweist auf die Legende der angeblichen gewaltsamen Unterdrückung von Russischstämmigen durch die Ukraine und nutzt diese Lüge als Vorwand für seinen Angriff. Damals wurde „zurückgeschossen“; heute verbreitet die russische Propaganda Unsinn über angebliche „Sicherheitsinteressen“, wobei die russische Integrität niemals in Gefahr war und niemand je Russland angreifen wollte. Beide Diktatoren logen bzw. lügen, ihre Nationen seien durch demokratische Länder und Bündnisse bedroht (dabei war Deutschland in der Weimarer Zeit ebenso wenig bedroht wie Russland es jemals nach 1945 war). Insgesamt scheint bei beiden die Lüge im Sinne von Rudolf Bartels als Prinzip vorzuherrschen (Hitler leistete seinen Amtseid auf die Weimarer Verfassung, die er dann aushebelte; und Putin galt lange infolge von Gerhard Schröders Irrlichterei als „lupenreiner Demokrat“).

Vor allem die Täter-Opfer-Umkehr halten bzw. hielten beide Kriegstreiber konsequent durch. So erklärte Joseph Goebbels am Vorabend von „Führers Geburtstag“ am 19. April 1945 im Reichsrundfunk: „Unsere Feinde behaupten, daß Soldaten des Führers als Eroberer durch die Länder Europas zogen, – aber wohin sie kamen, verbreiteten sie Wohlstand und Glück, Ruhe, Ordnung, gefestigte Verhältnisse, Arbeit in Hülle und Fülle und als Folge davon ein menschenwürdiges Leben. Unsere Feinde behaupten, ihre Soldaten kämen in dieselben Länder als Befreier, – aber wo sie auftreten, folgen ihnen Armut und Herzeleid, Chaos, Verwüstung und Vernichtung, Arbeitslosigkeit, Hunger und Massensterben; und was übrigbleibt von der sogenannten Freiheit, das ist ein Vegetieren, das man selbst in den dunkelsten Teilen Afrikas nicht mehr als menschenwürdig zu bezeichnen wagen würde.“ (Heiber (Hg.): Goebbels-Reden, zweibändige Ausgabe 1991, Gondrom, Seite 449 f.)

6. Die Wehrlosigkeit des Westens

Die Aufklärung in Gestalt von Behörden und Medien ist dem Schmu natürlich auf der Spur, aber eben extrem langsam. Immerhin flog beispielsweise die „Doppelgänger-Kampagne“ auf, bei der russische Agitatoren Pseudo-Nachrichten auf täuschend echt wirkenden pseudo-deutschen Nachrichtenseiten veröffentlichten. Stets ging es um Alarmismus und darum, dass die Bundesregierung das Land vor die Wand fahren und ihr Volk ins Elend manövrieren würde. Ein besonders schönes Beispiel ist der angebliche Tod eines „Marius“ durch einen Fahrradunfall wegen der aus Energiegründen angeblich abgeschalteten Straßenbeleuchtung – gut archiviert im Web-Archiv. Inzwischen hat das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz, das die technischen Details aufgedeckt hat, die Kampagne gut dokumentiert.

Parallel dazu forciert Putin russische Inlandspropaganda, die im westlichen Ausland niemand glaubt, die aber die russische Öffentlichkeit indoktriniert und so in Sachen Informationskompetenz entmündigt – etwa dass die Berliner wegen der Energiekrise und des Heizstoffmangels den Tiergarten abholzen würden. Hier füttert Putin sein Volk mit der Lüge, der Westen brauche Russland.

➔ Gestern schließlich (16. September 2024) brachte tagesschau.de ans Licht, wie systematisch der Kreml die Desinformation lenkt, gerade durch anti-westliche und russlandfreundliche Cartoons und Spruchbilder in den „sozialen Medien“. Die Steuerung kommt direkt vom russischen Präsidenten. Als Ziel war u.a. ausgegeben: „20 Prozent AfD“.

➔ Und so kommen automatisch auch die AfD und auch das BSW von Sahra Wagenknecht ins Spiel. Allen, die mitdenken, fällt die Putin-Agenda auf, die wir aus diesen Ecken immer wieder hören: raus aus der NATO, Deutschland nicht wehrfähig machen, Loslösung von den bösen USA und so gut wie kein schlechtes Wort über Putin.

➔ Begleitende Medien sind die sogenannten „alternativen Medien“. In dem Augenblick, in dem sie sich an die journalistischen Standards halten würden, wären sie nicht mehr „alternativ“: Auf ihnen läuft der gesamte Themenmix aus Gerüchten und Geraune rund um Biowaffenlabore, Chemtrails, 5G, HAARP, hohle oder flache Erde, WT7, großer Austausch, Millionen Impftote und so ziemlich allem anderen Schmu, der es aus guten Gründen nicht in seriöse Medien schafft.

➔ Dazu kommen die jetzt aufgeflogenen Social-Media-Kampagnen, in denen Täter aus Russland und nützliche Idioten aus Deutschland den Quatsch multiplizieren – alles mit dem Zweck, das Vertrauen in westliche Institutionen und Repräsentanten zu zerstören, in die Wissenschaft und in die Demokratie. Kurz: das Vertrauen in die Aufklärung und die Moderne.

Fake-News durch Bots, Agitatoren und nützliche Idioten: Helmut Schmidt war während der Kuba-Krise 1962 nicht dort relevant, sondern Innensenator in Hamburg (links). Mitte: Warum Behörden anschreiben, wenn doch die Regierung der Übeltäter ist? Rechts: Jeder Grafiker kapiert, dass die Aufschrift „Chemtrailzusatz“ zu weit rechts an der Kante des Fahrzeugs ist. Aber die Zielgruppe versteht nichts von Informationen und glaubt den Unsinn.

Welche von Putins Helfern bekommen Geld von ihm?

Das war es zunächst einmal – möglicherweise ergänzt sich dieser Blogbeitrag Stück für Stück.

Klar ist jedenfalls: Diese Informationen sind alle frei zugänglich. Niemand wird sagen können, er hätte davon nichts gewusst. Und weil es um einen Angriff auf unsere Freiheit geht, ist das Thema politisch.

Aktuell stellt sich die Frage, wer so alles von Putins willigen Helfern im Westen eigentlich Geld für die systematische Verbreitung demokratiegefährdender Lügen bekommt. Es ist zu erwarten, dass hier noch mehr Leute auffliegen als bisher schon.

Wie reagiert die Demokratie auf diesen Angriff?

Und die Politik muss sich überlegen, wie ein Rechtsstaat auf Dauer auf diese Angriffe durch Desinformation reagiert. Es sind demokratiegefährende Lügen und Diffamierungen, oft subtil und implizit. Zugleich tun sich Demokraten und Freunde der Freiheit schwer damit, Äußerungen zu verbieten.

Meine Überlegung ist: Wenn wir den Dreck schon nicht stoppen können, können wir uns dagegen immunisieren. Wer versteht, welches Räderwerk hier läuft, und wer darüber hinaus noch begreift, wie öffentliche Kommunikation funktioniert, was Behauptungen von Meinungen unterscheidet, Gerüchte von gesicherten Informationen – an dem blättert der Gedankenmüll möglicherweise ab.

Wer es versteht, macht sich immun

Mein aktuelles Buch „Immun gegen Unsinn“ ist insofern eine Impfung gegen Desinformation (und alle Impfgegner seien aufgerufen, es zu lesen). Das Prinzip der Impfung ist: Haben wir Antikörper, ist es nahezu gleichgültig, mit welcher Wucht wie viele Viren auf uns einströmen. Wenn Sie gegen Malaria geimpft sind, können Sie sich in Malariagebieten bewegen, ganz gleich, wie zahlreich die Erreger dort vorhanden sind. Zumindest theoretisch.

Bitte schauen Sie sich auch mein YouTube-Video an: „Wahrheit, Unwahrheit, Meinung“. Es geht auch hier darum, wie wir der Lügenkampagne des Kreml begegnen können – mit weiteren Beispielen über Putins Manipulationsversuche.