Frank Eckert und ich haben ja soeben das Buch »Sind die Medien noch zu retten?« geschrieben, das unser lieber Verleger Gregory Zäch vom Midas-Verlag in Zürich in wenigen Tagen ausliefert. Es geht um 420 Seiten Medienkritik auf der Basis des Handwerks.
Natürlich aktualisieren wir das Buch bereits für die zweite Auflage. Was uns wichtig ist, sind auch neue journalistische Initiativen, zum Beispiel »Schmalbart«. Das Thema »Schmalbart« fließt in die zweite Auflage ein. Im Jahr 2016 startete der Journalist Christoph Kappes die Plattform als Reaktion und in Anspielung auf das US-Nachrichtenangebot »Breitbart News«. Der Grundgedanke ist sinnvoll: »Schmalbart« soll Desinformation und gegebenenfalls rassistische Äußerungen entlarven.
Aber dann lese ich auf Kappes′ Website: »Schmalbart beobachtet Breitbart und liefert eine Reflexionsebene.« Und schon steige ich aus. Reflexionsebene? Dieser vergeistigte, theoretische Ansatz ist mir zu diffus. Für mich ist das Uni-Gerede. Und das erreicht für meine Begriffe die Gesellschaft nicht – jedenfalls nicht die berufstätige und qualifizierte Mitte der Gesellschaft, der ich in meinen Seminaren und bei meinen Vorträgen begegne.
Mein Publikum sind keine Theoretiker, keine Soziologen und auch keine Anhänger des »diskursiven« und »dekonstruktivistischen« Zerredens der Realität, wozu viele Linke neigen und worum es in vielen steuerfinanzierten Instituten an Hochschulen geht. Sondern es sind ganz normale Menschen, die als Arbeitnehmer oder Selbstständige hart arbeiten und jede Menge Steuern bezahlen. Die qua ihrer Lebenslage in professionellen ökonomischen Kategorien denken und für die das Konkrete wichtiger ist als das Abstrakte und Vergeistigte. Ich denke, sie sind die Mehrheit in Deutschland. Ganz normale, arbeitende Menschen.
Vor diesem Hintergrund scheint es mir, als ginge manche journalistische Initiative einfach an den Leuten vorbei – ähnlich wie die »Krautreporter« mit so spannenden Geschichten wie jene über »coole Hipster«, die in Portland Cannabis vermarkten. Das interessiert zumindest meine Zielgruppe nicht, weil das Thema zu abwegig, zu freaky und letztlich zu wenig relevant ist für das spannende Leben eines Leistungsträgers. Es fehlt nichts, wenn wir diese Geschichte nicht lesen.
Typische Uni-Ideologie aus Studentenzeiten
Was jemand aus der bürgerlichen Mitte relativ rasch erkennt, was die linke Szene aber nicht sieht, ist die typische Campus-Ideologie, wie man sie aus Studentenzeiten kennt. Kappes schreibt zum Beispiel: »Leider ist die Grenzziehung zwischen den Formen von (Erz-)Konservatismus in Deutschland, der sich etwa durch sein traditionelles Familienbild und seine religiöse und ›abendländische‹ Grundlage definiert und zu einer pluralistischen Demokratie gehört, und den Brauntönen des Rechtsaußen-Spektrums nicht immer eine leichte Übung.«
Es ist typisch für Vertreter der linken Szene, die bürgerliche Mitte in die Nähe von Neonazis zu rücken. Aber was ist am traditionellen Familienbild (Vater, Mutter, Kind oder Kinder) erzkonservativ und leicht zu verwechseln mit rechts außen? Die meisten Menschen leben so klassisch, auch viele linke. Erzkonservativ wäre es für meine Begriffe, Mädchen und Jungen in der Schule getrennt zu unterrichten oder Mädchen aus bestimmten Kulturen den gemeinsamen Schwimmunterricht zu verbieten. Aber was an einer klassischen mitteleuropäischen Familie ist konservativ und damit verabscheuenswert und dem Nationalsozialismus ähnlich? Ich habe keine Ahnung.
Und was hat Kappes gegen das Christentum, weshalb setzt er das Adjektiv »abendländisch« in Anführungszeichen? Wir verdanken der abendländischen Kultur infolge der jüdisch-christlichen Prägung und der Aufklärung die Menschenrechte, unsere Freiheiten und auch das konstruktiv-produktive Denken, für das das Volk der Dichter, Denker und Ingenieure und auch viele andere liberal geprägte Kulturen berühmt sind. Was hat Christoph Kappes dagegen?
Die Linken kämpfen nicht für die Werktätigen
Die Vertreter dieser klassischen Freiheitswerte und heutige Christen vom braunen Rechts-außen-Spektrum abzugrenzen, ist in meinen Augen nicht schwer, da die radikale Rechte ja gegen Freiheit eintritt, gegen Individualismus, gegen Liberalismus, für Gleichmacherei und die Unterordnung des Einzelnen unter die Gruppe; ähnlich, wie das Kommunisten auch tun. Die Linken kämpfen schon lange nicht mehr für die, die die Arbeit machen – also für die Werktätigen, die Leistung bringen und Werte schaffen. Eher leben die Linken heute von den Steuern der Werktätigen, ohne es ihnen zu danken, und oft genug, ohne selbst Werte zu schaffen. Zahlreiche linke Politiker und Aktivisten leben von Steuergeldern, ohne jemals selbst etwas Produktives auf die Beine gestellt zu haben.
Dieser Zusammenhang scheint allerdings für Linke und Linksradikale schwer zu verstehen zu sein, die ihren Standpunkt für normal und sich selbst für die Mitte halten. Und das ist auch logisch: Wer selbst links außen steht, sich selbst aber für gemäßigt links hält, für den rückt die Mitte automatisch nach rechts.
Auch ist es mitnichten so, dass »man in der ›Mitte‹ eine Normalität von Gesellschaft empfindet, ohne ihre Fragilität zu sehen«, wie Kappes argumentiert. Ich denke, die bürgerliche Mitte sieht die Fragilität durchaus. Die Mitte sieht derzeit ratlos dabei zu, wie linke Politiker und Aktivisten die mitteleuropäischen Werte gefährden, beispielsweise die Meinungsfreiheit, indem man schon dann als rechts außen stigmatisiert wird, wenn man nicht links tickt. Und diese bürgerliche Mitte – differenziertes Denken, produktive Arbeit und Wertschöpfung gewohnt – weiß auch, dass weder theoretisches noch linksideologisches Gerede diese Werte retten wird; im Gegenteil.
Christoph Kappes trägt zum Rechtsruck bei
Daher trägt ein Ansatz wie jener von Christoph Kappes, der »Breitbart News« zunächst einmal mit einer politischen Position gegenüberzutreten scheint, möglicherweise ebenso zum Rechtsruck bei wie die politische Korrektheit der Medien – so sinnvoll es auch ist, Demagogie und Rassismus zu entlarven. Der normale Mensch – ausgebildet, berufstätig, familiär gebunden, intelligent und kritisch – schaut sich diese Aktionen an und fragt sich, wo in der Berichterstattung der zusehends nach links rutschenden Medien eigentlich seine Perspektive vorkommt und weshalb man ihn in die Nähe der Nazis rückt, nur weil er Familie hat. Es ist insofern klar, dass diese normalen Menschen einen Ausgleich zu dieser Linkslastigkeit suchen und zu der linken Überideologisierung des ganz normalen Lebens.
Es passt zum Bild, dass »Schmalbarts« wichtige Arbeit der Demagogie-Entlarvung – zumindest laut Wikipedia – ehrenamtlich geschehen soll. Und natürlich ist das nächste Ziel der »Schmalbart Netzwerk UG (haftungsbeschränkt)«, 2.000 Euro pro Monat an Spenden zu erreichen, wie der Screenshot oben zeigt. Da will also jemand 24.000 Euro im Jahr.
Also: Ich wünsche »Schmalbart« viel Erfolg, sicher, gerne auch als gemeinnützige UG, wie es offenbar geplant ist. Wenn es gelingt, Demagogie zu entlarven, ist das gut. Wobei es natürlich nicht nur Demagogie von rechts gibt, sondern auch von links, die ebenso angeprangert gehört. Christoph Kappes ist gegen Populismus, wie der Screenshot zeigt – und ich gehe davon aus, dass sich »Schmalbart« auch gegen Linkspopulismus einsetzt. Die Schlagwörter »fair«, »offen« und »neutral« sollten nichts anderes vermuten lassen.
Für mich bleibt eine wichtige Frage offen, die nicht nur »Schmalbart« betrifft: Warum ignorieren immer wieder Journalisten die tatsächliche Mitte der Gesellschaft, die leistungsorientiert und ökonomisch denkt und ein ganz normales, klassisches Leben führt?
»Sind die Medien noch zu retten?« gibt es bereits als PDF im Shop.
Auf sehr viel bescheidenerer Ebene sammeln wir mit dem Projekt „Höngger Fächer“ Leute, die Hinweise auf vertrauenswürdige Information austauschen. Solche kleinen Netzwerke, die sich auch von den Riesen wie FB emanzipieren, braucht es meiner Meinung nach in grosser Zahl. Dabei geht es nicht daum, „gegen“ Fake-News und Populismus zu Felde zu ziehen, sondern für die Qualität und Solidität von Information zu werben, und damit indirekt natürlich auch dem populistischen Hokuspokus (von rechts wie von links) den Boden zu entziehen. Ich sehe das als Teil einer langfristigen Web-Kompetenz, die sich herausbilden muss.