Tipps für gute Sprache

So funktioniert klarer Ausdruck am Arbeitsplatz

Gute Sprache am Arbeitsplatz – das wünschen sich viele Menschen, die beruflich kommunizieren. Es geht um E-Mails, Meetings, Präsentationen und auch Briefe jeder Art, ob in der Kundenkommunikation oder in der Kommunikation mit Partnern, Behörden und Medien. Klartextexperte Thilo Baum gibt Ihnen hier die wichtigsten Hinweise.

1. Sprache dient keinem Selbstzweck, sondern verfolgt ein klares Ziel.

Wir sprechen und schreiben nicht, um zu sprechen und zu schreiben. In der Kunst mag es das geben, für gute Sprache am Arbeitsplatz gilt das nicht. Daraus folgt eine wichtige Regel: Überlegen Sie erst, was beim Empfänger ankommen soll, und suchen Sie dann die passenden Formulierungen dafür. Wenn Sie beispielsweise den Gedanken „Anstand“ vermitteln wollen, gibt es keinen Grund, „Anständigkeit“ zu sagen. Wozu auch? Das heißt also: Gute Sprache konzentriert sich und ufert nicht aus. Welches Ziel also hat Ihre E-Mail, Ihr Bericht, Ihr Mailing? Was Sie rüberbringen wollen, formulieren Sie am besten möglichst einfach. So ist es auch am leichtesten zu verstehen.

2. Sprache dient nicht der Selbstbeweihräucherung, sondern dem Verständnis.

Natürlich gibt es Leute, die sich gerne reden hören – viele davon sind enorm beeindruckt von ihrer Intellektualität. Der Punkt ist nur: Außerhalb dieser Köpfe ist das meist wenig relevant. Wer Sprache als Mittel zur Selbstbeweihräucherung missbraucht, verfehlt den Sinn von Sprache, jedenfalls am Arbeitsplatz. Wie gesagt: In der Kunst, in der Literatur und auch bei Kreuzworträtseln geht es oft um andere Dinge als im Business. Aber ein selbstverliebter Stil – vor allem voller Fremdwörter, umständlicher Umschreibungen und belletristisch anmutender Wortspiele und Wortbilder – gehört nicht an den Arbeitsplatz. Es sei denn, Sie sind Satiriker und haben die Sprache zum Thema. Ansonsten dient Sprache rein der Verständigung und der klaren Kommunikation.

Gute Sprache am Arbeitsplatz: empfängerorientiert und barrierefrei

3. Sprache berücksichtigt die Perspektive des Empfängers.

Wenn Sie mit einem Kleinkind sprechen, werden Sie vermutlich seine Sprache annehmen. Sie werden nicht sagen: „Angesichts der Tatsache, dass es bereits in wenigen Stunden Abendessen gibt, ist Schokolade jetzt kontraindiziert.“ Sondern Sie werden eine eher einfache Sprache wählen. Was im Alltag klar und nachvollziehbar scheint, ist vielen Menschen im Business nicht so klar: Juristen sprechen Juristendeutsch – auch gegenüber Ärzten. Ärzte sprechen Medizinerdeutsch – auch gegenüber Ingenieuren. Ingenieure sprechen Ingenieursdeutsch – auch gegenüber Juristen. Sinnvoller ist es wahrscheinlich, entweder die Perspektive des Gegenübers einzunehmen oder eine allgemein verständliche Sprache zu sprechen.

4. Sprache sollte barrierefrei sein.

In heutiger Zeit achten Unternehmen auf Diversität („Diversity“) und kennzeichnen ihre Stellenbeschreibungen schon aus Rechtsgründen mit „m/w/d“, um dem Gleichbehandlungsgebot und dem Diskriminierungsverbot möglichst gerecht zu werden. Doch zugleich verwenden Unternehmen oft eine Sprache, die alles andere als barrierefrei ist. Spricht ein Mitarbeiter beispielsweise von „Beantragung“ statt von „Antrag“, sind viele Fremdsprachler von der Kommunikation ausgeschlossen. Unter welchem Buchstaben soll ein Fremdsprachler dieses Wort im Wörterbuch finden? Zumal das Wort „Beantragung“ im Grunde auch nicht den Antrag meint, sondern den Vorgang des Beantragens – was aber in der Praxis selten gemeint ist. Und auch hier stellt sich die Frage nach dem Sinn: Wozu sollten Sie Ratespiele veranstalten, wenn Sie auch klar sagen können, was Sie meinen? Eine gute Sprache am Arbeitsplatz ist barrierefrei und ermöglicht möglichst allen das Verständnis.

5. Sprache sollte genau sein – aber nicht übertrieben genau.

Genauigkeit in der Sprache ist wichtig, damit die Menschen verstehen, was wir meinen. Wenn wir sagen wollen, dass jeder Fehler macht, sollten wir nicht sagen: „Wir machen alle Fehler“, sondern: „Wir alle machen Fehler.“ Das Wort „alle“ bezieht sich nicht auf die Fehler, sondern auf das Wort „wir“. Haben Sie etwas präzise gesagt, genügt das dann auch. Der Satz „Wir beantragen einen Zuschuss“ lässt sich nicht kürzen, aber natürlich beliebig erweitern: „Wir beantragen einen finanziellen Zuschuss.“ Damit ist der „Zuschuss“ unnötig präzisiert – denn ein Zuschuss ohne nähere Beschreibung ist nun einmal ein finanzieller Zuschuss.

6. Sprache sollte prägnant sein.

Es gibt einen enormen Unterschied zwischen Präzision und Prägnanz. Die mathematische Aussage x+2=2+2 ist präzise, aber nicht prägnant. Kürzen Sie die Gleichung, bleibt x=2. Und diese Aussage ist immer noch präzise, zudem aber auch prägnant. Prägnanz bedeutet, dass Sie die Dinge auf den Punkt bringen, ohne etwas an der Präzision zu verändern. Das bedeutet: Lassen Sie unnötiges Beiwerk weg. Unnötig ist etwas, was keine Aussage hat. Streichen Sie ein unnötiges Wort, bleibt die Aussage dieselbe – wie beim „finanziellen Zuschuss“. In diesem Zusammenhang übrigens erübrigen sich zahlreiche Verbote, die uns zum Thema Sprache begegnen: Das Wort „eigentlich“ zum Beispiel ist keineswegs verboten. Der Satz „Eigentlich wolltest du Tierarzt werden“ sagt etwas anderes als der Satz „Du wolltest Tierarzt werden“. Also trägt das Wort „eigentlich“ eine Bedeutung.

7. Sprache darf redundant sein.

Redundanz bedeutet, etwas zu schreiben oder zu sagen, was im Grunde überflüssig ist. Beispielsweise eine Wortwiederholung. Nehmen wir den folgenden Satz: „Mit Sprache lässt sich zwar Politik machen, aber selbst ist sie unideologisch.“ Hier könnten Sie das vorletzte Wort („sie“) ersetzen durch „die Sprache“: „Mit Sprache lässt sich zwar Politik machen, aber selbst ist die Sprache unideologisch.“ Sie wiederholen also das Wort „Sprache“ wegen des besseren Verständnisses. Denn das Wort „sie“ könnte sich auch auf das Wort „Politik“ beziehen. Um solche Zweifel sofort auszuräumen, empfehlen sich hin und wieder Redundanzen. Gerade für eine gute Sprache am Arbeitsplatz sind unmissverständliche Formulierungen enorm wichtig, weil sie Zeit sparen und die Nerven schonen.

Gute Sprache am Arbeitsplatz: plausibel und angenehm

8. Sprache sollte plausibel sein.

Das lesende oder zuhörende Gehirn hangelt sich beim Verstehen von Information zu Information. Das Gehirn will im Grunde immer nur sagen: „Okay, verstanden, weiter!“ Plausibilität bedeutet, dass eine Gedankenabfolge das Gehirn mehr oder weniger beim Verständnis begleitet – wie ein Geländer. Also gehören die Gedanken in die richtige Reihenfolge. Eine falsche Reihenfolge ist: „Beim Betriebsausflug am Freitag besuchen wir das Schloss. Der Wettbericht sagt Regen voraus. Deshalb gehen wir doch nicht wandern.“ Richtig ist die Reihenfolge: „Der Wetterbericht sagt für den Betriebsausflug am Freitag Regen voraus. Deshalb gehen wir doch nicht wandern, sondern besuchen das Schloss.“ Der Sender mag den Kontext kennen, der Empfänger kennt ihn oft nicht. Also müssen wir die Menschen „ins Boot holen“ oder „abholen“, wie es so schön heißt. Erlauben auch Sie Ihren Mitmenschen, Ihre möglicherweise komplexen Gedanken aus Empfängersicht nachzuvollziehen.

9. Sprache sollte angenehm sein.

Natürlich gibt es auch schlechte Nachrichten. Und trotzdem sollte die Sprache angenehm sein. Dass Sprache angenehm sein sollte, heißt nicht, dass wir keine schlechten Nachrichten mehr bringen. Aber auch etwas Negatives oder Unschönes bedarf einer eingängigen und keiner abschreckenden Sprache. Und darum sollte auch die Sprache einer schlechten Nachricht gut sein – und nicht so ätzend wie die Nachricht selbst. Das bedeutet nicht, dass wir die schlechte Nachricht kleinreden oder schönfärben. Sondern wir formulieren die Sache einfach angenehm. Statt „Jetzt haben Sie Idiot einen Fehler gemacht, was ist das nur für eine Sch…“, sagen wir: „Sie haben einen Fehler gemacht.“ Wir verschleiern die schlechte Nachricht nicht, aber vermitteln sie in einer normalen Sprache. Das ist vor allem in der Führungskommunikation enorm wichtig.

10. Sprache sollte im mathematischen Sinne positiv sein.

Ähnlich ist es mit der positiven Sprache. Aus der Forderung, dass Sprache positiv sein soll, folgt ebenfalls keine Schönfärberei. Gemeint ist „positiv“ eher mathematisch. Wenn etwas „nicht unstrittig“ ist, haben wir eine doppelte Verneinung („nicht un-“), und das vor einem in der Tendenz negativen Wort („strittig“). Wer rechnet das schon schnell genug aus? Kaum jemand. Also kürzen wir die Aussage, indem wir „nicht“ und „un-“ gegeneinander aufheben – und es bleibt „strittig“. Es ist also etwas strittig. Sagen und schreiben Sie also: „bedeutend“ statt „nicht unbedeutend“ und „zu spät“ statt „unpünktlich“. Davon ausgenommen sind natürlich rhetorische Figuren wie „Nicht ohne meine Tochter“ und ironische Verstärkungen wie „nicht schlecht“.

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