„Happy Cat“ ist ein Katzenfutter, das unsere Katzen lieben. Disclaimer: Ja, diese Empfehlung ist streng genommen Werbung. Hiermit erfolgt der obligatorische Hinweis. Und nein, ich bekomme für diese Empfehlung kein Geld.

Ich will etwas völlig anderes erzählen, und so langsam sollte ich zum Punkt kommen.

Verwirrung bei einfachsten Aussagen

Der Punkt ist der Hinweis „2.–6. Monat“ auf der Packung des Futters „Happy Cat Kitten Geflügel“. Der Name sagt es: Kätzchenfutter. Das wirft Fragen auf. Also gut: Seit Dezember pflegen und füttern wir hier eine Streunerkatze. Sie war verletzt und war und ist scheu. Wir haben sie mit viel Aufwand und einer Lebendfalle eingefangen und zur Tierklinik gebracht. Dank an dieser Stelle an „Die Tierretter“ fürs Verleihen der Falle und den irrsinnigen Manpower-Aufwand. Ihr seid mehrfach an- und abgefahren, habt euch verletzt durch Kratzer und Bisse – danke!

In der Klinik hieß es, die Katze sei kastriert. Aber Ende April – die Katze war behandelt, wir hatten sie wieder freigelassen – lugten drei Katzenkinder aus der Brombeerhecke. Und um die kümmern wir uns jetzt.

Drei Kätzchen in der Brombeerhecke

Drei Kätzchen in der Brombeerhecke – unscharf, weil mit 300 Millimeter Brennweite und ohne Stativ fotografiert

Inzwischen haben wir die Katzenfamilie ins Haus geholt. Die Mutter war bei der Kastration. Und für die Kleinen brauchen wir jetzt eben Kätzchenfutter. Die Kleinen sind wohlauf und gehen bald in die Vermittlung.

Eine Mutterkatze und drei Kätzchen dösend auf der Fensterbank

Die gerettete Katzenfamilie auf ihrem Lieblingsplatz. Die verletzten Füße der Mutter sind in Behandlung

Jetzt aber endlich zum Thema! Es geht um die Angabe „2.–6. Monat“ auf der Futterpackung. Neben unserer Tätigkeit in der Unternehmenskommunikation und unserer Eigenschaft als Tierfreunde sind auch wir einfach nur Anwender, Konsumenten, Laien. Wenn ein Produkt „Kalbsleberwurst“ heißt, vermuten wir darin kein Schweinefleisch. Und wenn wir lesen: „2.–6. Monat“, dann machen wir auch das nicht zur Denksportaufgabe, sondern handeln nach dem, was wir im ersten Eindruck vermuten.

Und was wir vermuten, ist grundfalsch.

Was heißt „2.–6. Monat“? Die Angabe ist durchaus präzise, aber die Leute interpretieren etwas anderes. Sie interpretieren, das Futter eigne sich für Katzen, die mindestens zwei Monate alt sind.

Tatsächlich aber eignet sich das Futter für Kätzchen, die einen Monat alt sind. Denn der zweite Monat beginnt nun einmal mit dem Ende des ersten. Also: Wenn die Kätzchen einen Monat alt sind, beginnt für sie der zweite Lebensmonat. Ab da ist das Futter tauglich.

Woran liegt das Missverständnis? Es liegt daran, dass die Leute nicht „2.–6. Monat“ lesen, sondern „2–6 Monate“. Das ist ein Fehler seitens der Leute, sicher. Aber na und? Was jetzt? Der Sender sollte sich klar ausdrücken, damit der Empfänger nichts missversteht.

Dass die Übersetzung ins Englische etwas völlig anderes sagt, ist nicht der Grund für das Missverständnis. Denn diese Übersetzung liest man ja als deutschsprachiger Muttersprachler erst mal nicht. Falsch ist sie trotzdem: „2–6 months“ sagt etwas anderes als „2.–6. Monat“.

Wie sah Frankenstein aus?

Welche Version richtig ist, wissen wir nicht, es ist auch erst mal unwichtig. Wichtig ist: Eine korrekte und präzise Formulierung kann missverständlich sein. Und ich gehe noch weiter: Das Fachliche ist nicht das entscheidende Merkmal in der Kommunikation, sondern entscheidend ist die Verständlichkeit. Sicher, wir sollten nichts Falsches sagen. Das meine ich auch nicht. Aber bevor wir mit einer Information rausgehen, sollte sie nicht nur korrekt sein, sondern vor allem auch nachvollziehbar.

Sie können viel von Frankenstein erzählen und mit allem recht haben. Das bringt Ihnen aber nichts, wenn die Leute Ihren Gedanken nicht folgen. Und die Leute folgen Ihnen nicht, denn sie denken beim Stichwort „Frankenstein“ an ein Monster mit eckigem Gesicht und Schrauben im Nacken. Sie denken an Frankensteins Monster und nicht an Frankenstein. Frankenstein war im Roman von Mary Shelley ein junger Arzt. Eben nicht identisch mit dem Monster: Frankenstein hat ein Monster erschaffen – Frankensteins Monster.

Jetzt kommt es darauf an, was für Leute bei „Happy Cat“ arbeiten: Sagt man dort faktenorientiert, dass die Information doch stimme und ergo so auf der Packung bleibe? So nach dem Motto: „Ist doch richtig“ oder: „Die Leute sind selber blöd, wenn sie das nicht verstehen“? Oder tickt man bei „Happy Cat“ eher ergebnisorientiert und sucht eine Formulierung, die keine falschen Assoziationen weckt, sondern die beabsichtigte Botschaft sofort und unmissverständlich vermittelt?

Das ist eine entscheidende Frage. Wollen wir recht haben oder erfolgreich kommunizieren? Darum geht es.

Viele Experten wollen lieber recht haben, sie sind so ausgebildet. Voller Fokus aufs Fachliche, null Fokus auf die Vermittlung. Entsprechend werben vor allem Therapeuten mit ihren Methoden – obwohl der potenzielle Patient keine Ahnung von den Methoden hat, aber sehr genau weiß, was ihm wehtut. Vielen Experten gelingt der simple Perspektivenwechsel nicht. Und sie wundern sich dann, dass niemand ihre geniale Methode bucht. Es kann sich eben niemand etwas darunter vorstellen. Die Botschaft ist korrekt, aber ihre Bedeutung unklar.

Was ist der „Gastro-Bereich“?

Erschreckend viele Fachleute glauben, fachlich korrekte Angaben seien der Punkt. Da sagt im Seminar jemand, er arbeite im „Gastro-Bereich“. Aus seiner Sicht stimmt das, aber die Assoziation ist eine andere: Wir dachten erst, er sei Gastronom. Tatsächlich aber ist er Gastroenterologe. Also Arzt mit Schwerpunkt Magen-Darm-Medizin. Natürlich kümmert sich auch die Gastronomie um den Magen und in der Folge auch um den Darm. Aber das ist eben nicht gemeint.

Wäre ich „Happy Cat“, würde ich auf die Packung schreiben: „Ab 1 Monat“. Denn schon die Formulierung „Ab dem 2. Monat“ werden viele Leute missverstehen. Mit der Angabe „Ab 1 Monat“ wissen wir: Sobald die Kätzchen einen Monat alt sind, eignet sich das Futter. Muss der Monat nicht sooo genau sein, wäre auch die Formulierung „Ab der 5. Woche“ denkbar.

Wie aber formulieren wir das Ende der Zeitspanne? Hier braucht die Redaktion Input von der Fachabteilung: Was soll die Bezeichnung „bis 6. Monat“ heißen? Bis zum Beginn des sechsten Monats? Oder bis zum Ende des sechsten Monats?

Je nach Auskunft der Fachabteilung wäre dann vielleicht auch eine Angabe wie „1–5 Monate“ oder „1–6 Monate“ denkbar. Und wenn wir wissen, was wir sagen wollen, übersetzen wir es ins Englische. Möglicherweise stimmt ja derzeit die englische Version? Dann ist bei der deutschsprachigen Version sogar die fachliche Korrektheit nicht gegeben. Oder umgekehrt. Eine von beiden Versionen ist falsch.

Korinthenkackerei? Ja, klar. Aber immerhin geht es hier um präzise Angaben. Unserer Katzenmutter ist das allerdings alles egal: Ihr schmeckt das Kätzchenfutter genauso gut wie den Kätzchen.