Eines der Prinzipien unserer Intellektualität scheint zu sein: Komplizierte Probleme lassen sich nur auf komplizierte Weise lösen. Schlägt jemand etwas Einfaches vor, heißt es oft: Das kann nicht gehen, das ist zu einfach.
„Zu einfach“? Das klingt seltsam für mich. Wie kann etwas „zu einfach“ sein? Ist etwas schlecht, wenn es einfach ist? Ist kompliziert gut?
Dass Einfaches schlecht sei, habe ich zwar schon oft von vielen verschiedenen Menschen gehört, aber ich glaube es nicht. Die Welt ist kausal; Dinge haben Ursachen. Das Prinzip von Ursache und Wirkung bedeutet: Aus A folgt B; A ist die Ursache für die Wirkung B. Vereinfacht gesagt.
Dabei stellt sich eine einfache Frage: Können einfache Dinge zu komplizierten Problemen führen? Und ich denke: Ja, ohne Frage. Zum Beispiel kann ein falsches Zeichen in einer Programmierung zu enormen Problemen führen. Die Folgen eines einfachen Bugs können exorbitant sein.
Doch das heißt eben nicht, dass die Korrektur des Fehlers ebenso kompliziert ist wie das Problem. Wir müssen oft nur die simple Ursache beseitigen. Verschwindet die Ursache, verschwindet die Wirkung, lautet bereits ein lateinisches Sprichwort dazu: Cessante causa cessat effectus.
Für mich folgt daraus zweierlei:
1. Vielleicht sollten wir bei vielen schwierigen Problemen nicht gleich kompliziert denken, sondern überlegen, welche Ursachen diese Probleme haben. Ist die Fehlerursache einfach, können wir den Fehler möglicherweise auf eine einfache Weise beheben, an die wir bisher nicht gedacht haben.
2. Vielleicht sollten wir es uns nicht mehr gefallen lassen, wenn jemand eine Idee mit dem Einwurf „Das ist zu einfach!“ zu vernichten sucht. Wir sollten ihm vielleicht das kausale Prinzip unserer Wirklichkeit noch einmal nahebringen und überlegen: Welches Interesse hat derjenige an komplizierten Konstruktionen?
Hier übrigens das 275. Gebot dazu aus meinem „Buch der 1000 Gebote“.